Veröffentlicht als: Discussion Paper, Zentrum für Ökonomische und Soziologische Studien, Universität Hamburg, ISSN 1868-4947/45, 2014.

Autoren: Ferdinand Wenzlaff, Christian Kimmich und Oliver Richters

Abstract

Dieses Papier adressiert die Frage der Vereinbarkeit einer positiven Zinsrate mit einer nicht mehr wachsenden Wirtschaft. Die Analyse erfolgt anhand verschiedener Ansätze, die uns dazu dienen, Perspektiven einer Theorie der Wachstumsnotwendigkeit in der Geldwirtschaft zu entwickeln. Neben einem sehr breit angelegten Review und der systematischen Darstellung von Ansätzen leisten wir drei analytisch wertvolle Beiträge: Erstens bereiten wir die Forschungsfelder zur Goldenen Regel und zum Zins-Wachstums-Differential als Ansätze einer Wachstumsnotwendigkeit auf. Zweitens widerlegen wir die mancherorts zu findende These, dass allein die Kreditgeldschöpfung bereits zu einem Wachstumszwang führen würde, da der Zins eine ständige Ausweitung der Geldschöpfung bedinge. Wir zeigen auf, dass nicht die Geldschöpfung an sich zu problematisieren ist, sondern der Wachstumszwang eine Folge einkommensabhängigen Sparens in Kombination mit einem über den Vermögensmarkt zu bestimmenden Zinssatz ist. Drittens skizzieren wir ein Zentralbankdilemma aus monetärkeynesianischer Perspektive, welches darin besteht, dass die Notenbank aus beschäftigungspolitischen Überlegungen heraus den Diskontsatz senken müsste um Wachstum zu stimulieren, ihn aber zur Stabilisierung der Währung und Vermeidung von Blasen mittelfristig anheben muss und damit wirtschaftliche Stagnation induziert. Das Dilemma drückt die paradoxe Situation entwickelter Geldwirtschaften aus, eine inhärente Tendenz zur Stagnation aufzuweisen und gleichzeitig Wachstum zu benötigen, um die negativen Auswirkungen der Stagnation auf Beschäftigung und Verteilung zu lindern. Die gewählten Ansätze eröffnen weiteren Forschungsbedarf zur theoretischen Vertiefung und empirischen Prüfung der aufgeworfenen Fragen und Thesen.