Makroökonomische Effekte von 100%-Geld, Vollgeld, & Co. und Auswirkungen auf die Stabilität und Nachhaltigkeit der Geld- und Finanzordnung
Workshop am 5. Oktober 2013 am Zentrum für Ökonomische und Soziologische Studien (ZÖSS) an der Universität Hamburg.
Basierend auf ökologisch, ethisch, sozial und ökonomisch motivierten Problemwahrnehmungen haben Ideen zur Reform des Geld- und Kreditwesens Konjunktur. Im Zuge der gegenwärtigen Finanz- und Schuldenkrise wurde immer stärker offensichtlich, dass der akademische Diskurs darauf unvorbereitet war und dementsprechend kaum tiefergehende Lösungsperspektiven präsentieren konnte.
Bis heute existieren Vorbehalte in den Wirtschaftswissenschaften, solche Entwürfe aufzunehmen, einer kritischen Prüfung zu unterziehen und ggf. weiterzuentwickeln. Die Auslotung von Fragestellungen zu weitgreifenden Reformen wird dadurch den Diskursen sozialer Bewegungen überlassen. Viele Aspekte der einzelnen Reformvorschläge, wie beispielsweise Details zur Regulierung oder zur Systemtransformation, aber auch die davon zu erwarteten langfristigen makroökonomischen Effekte werden deshalb bislang noch unzureichend adressiert. Wir laden Sie ein, diese Lücke zu füllen: Der Workshop hat die Zielsetzung, den Diskurs auf einem akademischen Niveau zu führen und Wissenschaftler aus verschiedenen Disziplinen zu vernetzen.
Gegenstand sollen eine Reihe eng verwandter Reformvorschläge sein, die auf das „100% Geld“ von Simons und Fisher (1935) zurückgehen, wie es im „Chicago Plan“ ursprünglich formuliert war und später unter anderem durch Friedman (1960) prominente Unterstützung fand. Neben dem „Vollgeld“-Ansatz von Huber (2000, 2010) zählt dazu auch der zuletzt vermehrt diskutierte „Chicago Plan revisited“ der beiden IWF-Ökonomen Benes und Kumhof (2012). Gemeinsam ist den genannten Reformvorschlägen, dass die endogene Kreditgeldschöpfung des Bankensystems unterbunden und durch eine staatliche Geldemission ersetzt werden soll. Die Vertreter versprechen sich davon eine Verstetigung der Konjunktur, eine Stabilisierung des Banken- und Finanzsystems, sowie eine erhebliche Reduzierung der öffentlichen und privaten Verschuldung.
Im Rahmen dieses Workshops sollten die einzelnen Maßnahmen und ihre jeweils prognostizierten Effekte kritisch analysiert werden, insbesondere im Hinblick auf die Stabilität und Nachhaltigkeit der Geld- und Finanzordnung. Zwei zu diskutierende Schlüsselelemente sind dabei der Reservegrad sowie Art, Umfang und Verwendung der Geldemission. Darüber hinaus soll die Frage beantwortet werden, in welcher Beziehung die Maßnahmen zum Wirtschaftswachstum stehen: Insofern eine stationäre Ökonomie mit einem positiven Zins-Wachstumsdifferential nur schwer vereinbar ist, kann mit den genannten Ansätzen ein niedrigeres Zinsniveau ermöglicht werden, ohne dabei die Stabilität des Finanz- und Wirtschaftssystems zu gefährden?
Organisatorische Hinweise
Veranstaltungsort: Zentrum für ökonomische und soziologische Studien (ZÖSS), Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften an der Universität Hamburg, Welckerstraße 8, 20354 Hamburg, Raum 2.16, 2.17 und 2.18
Ihre inhaltlichen Fragen zum Workshop richten Sie bitte an Christoph Freydorf und Benedikt Weihmayr. Zum Protokoll des Workshops
Literatur
- Benes, J., & Kumhof, M. (2012), The Chicago Plan Revisited. Washington D.C.: International Monetary Fund.
- Fisher, I. (1935), 100% Money: Designed to keep checking banks 100% liquid; to prevent inflation and deflation; largely to cure or prevent depressions; and to wipe out much of the National Debt. New York: The Adelphi Company.
- Friedman, M. (1960), A Program for Monetary Stability, New York: Fordham University Press.
- Huber, J., & Robertson, J. (2000), Creating new money: A monetary reform for the information age. London: nef, The New Economics Foundation
- Huber, J. (2010), Monetäre Modernisierung: Zur Zukunft der Geldordnung, Marburg: Metropolis